Der Bandscheibenvorfall aus Sicht der TCM

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Der Bandscheibenvorfall aus Sicht der TCM

 
  1. Wie entsteht aus Sicht TCM/Akupressur ein Bandscheibenvorfall? 
Auch Sicht der TCM gibt es «den» Bandscheibenvorfall so nicht direkt. Die TCM übersetzt westliche Diagnosen – wie eben einen Bandscheibenvorfall – in eine eigene TCM-Diagnose. Die Therapie richtet sich dabei immer nach den konkreten Symptomen, die ein Patient empfindet. Es kann daher sein, dass zwei Personen mit der schulmedizinischen Diagnose «Bandscheibenvorfall» unterschiedliche Symptome zeigen und somit eine andere TCM-Diagnose und -Behandlung erhalten.   Oft äussert sich ein Bandscheibenvorfall mit starken akuten Rückenschmerzen, eingeschränkter Beweglichkeit und evtl. Ausstrahlungen in die Beine. Manchmal kommen weitere neurologische Symptome hinzu: Kribbeln, «Ameisenlaufen», Taubheitsgefühle oder Lähmungen in den Beinen oder je nach Lokalisation evtl. auch Armen. Häufig ist der Auslöser eine ruckartige Bewegung oder schweres Heben. Die klassische Lokalisation ist die LWS (Lendenwirbelsäule), jedoch können auch andere Bereiche des Rückens betroffen sein. Nebst dem akuten Verlauf sind auch chronische Verläufe häufig, was aus Sicht der TCM ein wesentlicher Unterschied darstellt. Je nach Lokalisation, nach Art des Schmerzes (brennend, pochend, ziehend, dumpf, scharf, stechend, elektrisierend, chronisch /akut etc.) und nach Begleiterscheinungen und deren Lokalisation ist nach TCM eine andere Ursache / Diagnose relevant. Es gibt diverse TCM-Syndrome, die einen Bandscheibenvorfall auslösen oder erklären können. Was grundsätzlich gilt: Jeder Bandscheibenvorfall, der zu Schmerzen führt, zeigt eine Blockade von Qi (Energie) an. Im Bereich des unteren Rückens ist meist die Blasen-Leitbahn betroffen, welche über Rücken und Gesäss verläuft, zusätzlich oft auch der Gallenblasen-Meridian (Körperseite) und manchmal noch weitere wie der Magen-Meridian (Körpervorderseite). Oftmals wird in der TCM der Begriff des Bi-Syndroms für Schmerzen im Bewegungsapparat benutzt, der ein schmerzhaftes Obstruktionssyndrom von Qi und Blut im Bereich der Meridiane, Muskeln, Sehen und Gelenke bezeichnet. Dabei dringen ein oder häufiger mehrere pathogene Faktoren (insbesondere Wind, Kälte, Feuchtigkeit oder Hitze) ins Meridian-System ein und führen dort zu den genannten Blockaden. Darüber hinaus hängen der Pathomechanismus und die Behandlung von den konkreten Symptomen ab. Es gib diverse, die wichtigsten sind die Folgenden:   Chronische oder akute Schmerzen: Qi- und Blut-Stagnation:
  • Ursache: chronisch rezidivierende Stauchungstraumata lösen chronische Schmerzen aus, plötzliche Bewegungen / Überanstrengungen, Verhebetraumata lösen akute Schmerzen aus. Nach Ansicht der TCM führen diese Fehlbelastungen zu Störungen in den Energieleitbahnen und zu einer Stagnation der Energie «Qi» und des Blutes.
  • Schmerzart: stark, stechend, fixiert, eher auf einem kleinen Areal. Leichte Bewegung tut oft gut, wird durch Ruhe, langes Sitzen, Stehen eher schlechter.
  • Mögliche weitere Symptome: Steifheitsgefühle im Rücken, Bewegungseinschränkung
  Chronische Schmerzen: Nieren-Mangel (meist Nieren-Qi oder Nieren-Yang, seltener auch Nieren-Yin):
  • Ursache: chronische Überanstrengung / Überarbeitung oder auch zu viel Sport über eine längere Zeit, bei Frauen auch viele Geburten, falsche Ernährung mit zu viel energetisch kalter Nahrung und Rohkost, chronische Erkrankungen, Alter, übermässige sexuelle Aktivität oder allgemein «konsumierender» Lebensstil mit wenig Schlaf. All diese Faktoren schwächen die Nieren und der untere Rücken ist grundsätzlich den Nieren zugeordnet. Eine Schwäche des Funktionskreises Niere zeigt sich daher häufig in chronischen LWS-Beschwerden.
  • Schmerzart: chronische Schmerzen, die eher dumpf sind, ein grösseres Areal betreffen und mit Schwächegefühl einher gehen. Die Schmerzen sind tendenziell abends schlechter, morgens / in Ruhe besser, Wärme tut oft gut (insbesondere bei der Unterform des Nieren-Yang-Mangels).
  • Mögliche weitere Symptome: Kältegefühle (allgemein, insbesondere im unteren Rücken oder auch den Knien) und Schwächegefühle im Rücken und den Knien.
  Chronische oder Akut: Eindringen von Wind-Feuchtigkeit-Kälte
  • Ursache: nach Ansicht der TCM gibt es sogenannte äussere pathogene Faktoren, die in den Körper eindringen können und sich im Inneren quasi ansammeln (und auch chronifizieren) können. In Bezug auf den Bandscheibenvorfall gibt es insbesondere drei nennenswerte pathogene Faktoren, die meist in Kombinationen auftreten: Wind, Feuchtigkeit und Kälte.
  • Schmerzart: stark, mit Kältegefühlen, grosses Areal betroffen, evtl. auch Schweregefühl, Steifheit, Bewegungseinschränkung, Wind- und Kälte-Aversion, Verschlechterung durch Feucht-Kaltes Wetter.
  • Mögliche weitere Symptome: Wird im Tagesverlauf eher besser, Wärme tut gut
   
  1. Wie kann er mit TCM behandelt werden? 
Die Behandlung hängt von der TCM-Diagnose ab. Hauptbehandlungsweisen sind Akupunktur und Tuina (TCM-Massage), evtl. ergänzt durch Phytotherapie (Heilkräuter – innerlich als Tinktur, Tabletten oder Tee oder äusserlich mit Ölen, Sprays, Wickel, Salben etc.) sowie Diätetik (Ernährungsberatung) und Qi Gong (Bewegungs- und Atemübungen). Oft kommen ergänzende Behandlungen wie Schröpfen oder Moxa (eine kombinierte Wärme-Kräuter-Therapie) hinzu.   Bei der Akupunktur werden feinste Nadeln auf bestimmte Akupunkturpunkte entlang der Meridiane (körpereigene Energieleitbahnen) gesetzt und bringen das Qi (Energie) und Blut wieder zum Fliessen. Sie lösen Blockaden, stärken auf diese Weise die Abwehrkräfte und fördern das Wohlbefinden.   Bei der Tuina werden Haut, Muskulatur und Bindegewebe gelockert, Gelenke mobilisiert und Akupunkturpunkte sowie Meridiane (Energieleitbahnen) behandelt. Dadurch werden Energie- und Blutfluss harmonisiert und Schmerzen, Schwellungen und Bewegungseinschränkungen, aber auch innere Organe und Disharmonien behandelt. Bei der Tuina-Behandlung wird beim akuten Bandscheibenvorfall gerne zuerst über Fernpunkte gearbeitet, es werden also Beispielsweise Beine oder Hände behandelt und nur wenn es der Rücken zulässt wird auch am Rücken gearbeitet.   Aus Sicht der TCM wird mit Akupunktur und Tuina Qi und Blut bewegt, um die verschiedenen betroffenen Leitbahnen durchgängig zu machen und Stagnationen aufzulösen, so dass Qi und Blut wieder frei fliessen können und die betroffenen Strukturen (Muskulatur, Sehen, Bandscheiben, Knochen etc.) wieder besser mit Energie und Blut versorgt werden. Je nach Ursache wird zusätzlich gewärmt und Kälte vertrieben, Niere tonisiert etc, was wiederum mit allen erwähnten Methoden umgesetzt werden kann.   Über den Behandlungsablauf: Bei der Erstbehandlung finden ein ausführliches Anamnesegespräch sowie Puls- und Zungendiagnose statt, um die Ursache genau zu erkennen und richtig behandeln zu können. Die Traditionelle Chinesische Medizin legt neben der Behandlung der Ursache grossen Wert auf den Allgemeinzustand und die Konstitution des Patienten und versucht immer auch, den Patienten insgesamt zu stärken und seine eigene Gesundheitskompetenz zu verbessern. Eine Behandlung dauert meist zwischen 60 und 90 Minuten.  
  1. Worauf zielt die Behandlung ab?
In erster Linie ist die Schmerzlinderung relevant. Meist ist direkt nach der ersten Sitzung eine Verbesserung spürbar, jedoch sind normalerweise mehrere Sitzungen nötig – immer abhängig von den Beschwerden. Faustregel: Je länger ein Problem bereits besteht, desto mehr Behandlungen sind für eine nachhaltige Verbesserung nötig. Weitere Ziele: Verbesserung der Beweglichkeit, Stärkung des Rückens / der betroffenen Strukturen, Prävention von Rückfällen, was bis zu einem gewissen Grad auch Lebensberatung umfasst (Sport / Bewegung, Ernährung, Lifestyle…)  
  1. Welche weiteren wichtigen Aspekte zum Thema gibt es allenfalls?
Bei sehr starken akuten Schmerzen mit neurologischen Symptomen muss manchmal zuerst eine schulmedizinische Abklärung erfolgen. Es kann die Gefahr einer Nervenschädigung bestehen oder es kann bei Lähmungserscheinungen (insbesondere mit Stuhl- und Harnwegssymptomen) eine umgehende Schulmedizinische Behandlung und evtl. Operation erforderlich sein. Gut ausgebildete TCM-Therapeuten wissen, welche Fälle sie selber behandeln können und wann eine integrative Behandlungsweise mit der Kombination von Schulmedizin und TCM sinnvoll ist. Die Therapeutenliste des TCM Fachverbands Schweiz mit detaillierten Informationen führt gut ausgebildete Fachpersonen auf: www.tcm-therapeuten.ch. Alle dort aufgeführten Therapeut:innen sind Mitglied des TCM Fachverbands Schweiz. So ist gewährleistet, dass diese Fachpersonen eine kontrollierte Ausbildung und unabhängige Prüfungen sowie regelmässige Weiterbildung nachweisen und sich an die ethischen Richtlinien des Verbandes hält. Häufig gibt es auch Therapeut:innen, die sich in einem Themenbereich spezialisiert haben und das auf ihrer Homepage erwähnen.   Wer über eine Zusatzversicherung im Bereich Komplementärmedizin verfügt, dem werden Behandlungen von den Krankenkassen in der Regel vergütet. Wir empfehlen auf jeden Fall, vorgängig mit der Krankenkasse abzuklären, in welchem Umfang die Behandlungskosten übernommen werden.